Der COVID-19-„Sherlock Holmes“ – Ein epidemiologische Ermittler in Beijing auf den Spuren des Coronavirus

2020-07-09 14:19:03

Li Ruoxi(r.) vor der Isolierstation<br>Foto von Xinhua

Li Ruoxi(r.) vor der Isolierstation
Foto von Xinhua

Vor der Isolierstation eines für COVID-19-Patienten ausgewiesenen Krankenhauses in Beijing hat Li Ruoxi gerade seine Schutzkleidung angezogen und ist durch die sommerliche Hitze bereits schweißgebadet. Seit sieben Jahren arbeitet der 33-Jährige als epidemiologischer Ermittler im Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (CDC) im Beijinger Bezirk Fengtai.

Als epidemiologischer Ermittler ist es Li Ruoxis Aufgabe, im Falle eines Epidemieausbruchs in kürzester Zeit die Aktivitäten der Infizierten nachzuverfolgen, den Infektionsweg und die Übertragungskette zu analysieren sowie rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dadurch soll die Ausbreitung des Virus so schnell wie möglich gestoppt und die Zahl der Infizierten auf ein Minimum beschränkt werden. „Wir sind die ‚Sherlock Holmes‘, die das Virus verfolgen“, sagt Li.

Seit dem 11. Juni sind in Beijing mehr als 300 lokal übertragene COVID-19-Neuinfektionen bestätigt worden. Da die meisten Fälle davon im Bezirk Fengtai gemeldet wurden, existiert ein großer Druck zur Erfassung der Neuerkrankungen.

Als er um 13 Uhr gerade seine Schicht beendet, erhält Li Ruoxi eine Nachricht einer Agentur für Nukleinsäure-Tests. Ein dreijähriges Kind ist positiv auf COVID-19 getestet worden und wurde zur Quarantäne in ein ausgewiesenes Krankenhaus verlegt.

Li Ruoxi macht einen Telefonanruf in seinem Büro<br>Foto von Xinhua

Li Ruoxi macht einen Telefonanruf in seinem Büro
Foto von Xinhua

Nachdem er die Erstinformationen des Patienten durch einen Telefonanruf überprüft hat, packt Li seine Schutzausrüstung und sein Sterilisationsequipment ein und fährt mit seinem Team ins Krankenhaus.

Auf der Isolierstation stellt er der Mutter des Kindes eine Reihe von Fragen über ihre jüngsten Aktivitäten sowie Kontaktpersonen der 14 Tage vor dem positiven Testergebnis des Kindes. „Unsere Fragen suchen spezifische Details, dazu zählen zum Beispiel die von ihnen benutzten Transportmittel und sogar der Typ der Schutzmasken, wenn sie mit anderen Kontakt hatten“, erklärt der Ermittler.

Zudem leitet er die Mutter an, sich durch Chat-Verläufe in ihren Apps, Rechnungen von mobilen Bezahldiensten und anderen Details daran zu erinnern, was sie getan hat und wo sie gewesen ist. Während der einstündigen Untersuchung stellen Li und seine Kollegen in Form eines Kreuzverhörs mehr als 50 Fragen und können ein erstes Fazit ziehen: Das Kind hat sich bei einer Mahlzeit mit einem Verwandten infiziert, der zuvor als Neuinfektion bestätigt wurde.

Li Ruoxi(l.) bei Befragung in der Isolierstation<br>Foto von Xinhua

Li Ruoxi(l.) bei Befragung in der Isolierstation
Foto von Xinhua

Anschließend muss Li Ruoxi die Personen, die engen Kontakt mit dem Patienten hatten, ausfindig machen und ihre Wohnviertel daran erinnern, entsprechende Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Zum Schluss muss der Untersuchungsbericht fertiggestellt werden.

Yang Xiaoxing, Leiterin der epidemiologischen Untersuchungsgruppe des CDC in Fengtai, sagt, die Gruppe bestehe derzeit aus mehr als 70 Mitgliedern, die in kleine Teams mit jeweils drei Ermittlern aufgeteilt seien. Neben der Befragung und Berichterstattung biete das Team den Patienten auch humanitäre Hilfe, wenn sie Schwierigkeiten hätten.

Als bei einem Ehepaar COVID-19 nachgewiesen wurde, konnte es sich aufgrund der Quarantäne-Vorschriften nicht um sein einjähriges Kind kümmern. Als Yang davon erfuhr, versuchte sie, dem Paar bei der Lösung dieses Problems zu helfen. Später erhielt Yang die Information, dass das Virus auch beim Kind nachgewiesen wurde. Yang hatte gemischte Gefühle: „Das ist eine ambivalente Nachricht. Wenigstens wird das Baby nicht von seiner Mutter getrennt.“

Da die meisten Nukleinsäure-Tests tagsüber durchgeführt werden, liegen die Ergebnisse häufig erst in der Nacht vor. Sobald aber ein positiver Fall gemeldet wird, sind die epidemiologischen Ermittler sofort zur Stelle, egal, wie spät es ist. In ihrem Büro stapeln sich daher Instant-Nudeln und Mineralwasser. Auch ein klappbares Bett ist vorhanden. Viele Ermittler nutzen das Bett, wenn sie die Nacht über durchgearbeitet haben. Manchmal vergessen sie aus Müdigkeit sogar zu essen.

Dank der Bemühungen dieser Virus-„Sherlock Holmes“ konnte die Quelle der neuen Infektionen von COVID-19 in Beijing schnell identifiziert werden. Es wurden sofort Gegenmaßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Li Ruoxi sagt, es sei derzeit die arbeitsreichste und stressigste Zeit seit seinem Berufsbeginn. „Aber nur wenn wir das Versteck des Virus rechtzeitig ermitteln, können wir die Sicherheit von mehr Menschen garantieren.“

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